Ausgangslage
In Deutschland fehlt bezahlbarer Wohnraum mit guter Lebensqualität – Studien sprechen von bis zu 800.000 fehlenden Wohnungen1. 9,5 Millionen Menschen – das ist mehr als jeder Zehnte – leben auf zu engem Raum2. Darüber hinaus verursacht der Gebäudesektor 37 Prozent der energie- und herstellungsbedingten CO2-Emissionen, und über 34 Prozent der weltweiten Energienachfrage gehen auf ihn zurück3. Damit kommt der Transformation des Gebäudesektors eine entscheidende Rolle für ein ressourcenschonendes Wirtschaften und den Kampf gegen die Erderhitzung zu. Gleichzeitig wird eine Anpassung der gebauten Umwelt an sich dynamisch verändernde Rahmenbedingungen erforderlich – von der Gestaltung klimaresilienter Städte über den Umgang mit sich wandelnden Wohn- und Lebensformen bis hin zu den Potenzialen von Smart Cities. Die Schaffung von bezahlbarem, lebenswertem Wohnraum gilt zudem als zentrales Ziel der politischen Verantwortlichen.
Ziele
Ziel der Plattform Bauen & Wohnen ist es, zentrale Impulse zur Transformation des Bausektors zu geben. Im Vordergrund stehen dabei die Kriterien der Bezahlbarkeit, Nachhaltigkeit und Qualität im Sinne von notwendigem Lebenskomfort. Der Fokus liegt auf dem Gebäudebestand und dessen Potenzial für eine nachhaltige Transformation im urbanen Raum – durch Aufstockung, Umnutzung und Bestandsersatz.
Dabei geht es darum, Hürden zu identifizieren, die mehr bezahlbarem Wohnraum im städtischen Bestand entgegenstehen. Um diese zu überwinden, werden in gemeinsamer Diskussion konkrete Lösungsansätze erarbeitet, die in Form von Handlungsoptionen und -empfehlungen für politische Entscheidungsträger zusammengefasst werden. Darüber hinaus werden die entwickeln Positionen und Empfehlungen auch für weitere Zielgruppen aufbereitet, zum Beispiel als Leitfäden und anhand von Best-Practice-Beispielen als Impulse für den Praxis- und Technologietransfer.
Wie wir arbeiten
Das Plattform-Projekt wird zentral von der acatech Geschäftsstelle koordiniert und die Diskussions- und Wissensstände aller einfließenden Perspektiven dokumentiert und gebündelt. Verschiedene Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft arbeiten in drei Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten zusammen, analysieren und verknüpfen bestehendes Wissen aus den Sozial-, Natur- und Technikwissenschaften.
Bereits in der Projektentwicklungs-Phase sowie in den ersten Sitzungen der Arbeitsgruppen und des Beirats wurden mögliche Themen und Aspekte recherchiert, gesammelt und diskutiert. Auf dieser Basis sind Themenkataloge entstanden, die im Verlauf des Projekts strukturiert und nach definierten Zielen sortiert als zentrale Arbeitsdokumente dienen und kontinuierlich weiterentwickelt werden. Die Arbeitsgruppen haben die verschiedenen Themen bewertet und priorisiert. In Arbeitsgruppensitzungen werden die Argumente weiter diskutiert. Zur Vertiefung und für die Ausarbeitung der Publikationen führen die wissenschaftlichen Referenten und Referentinnen des Projekts Interviews mit den jeweiligen Experten der Arbeitsgruppen. So gehen die Themen in konkrete Handlungsoptionen und -empfehlungen und Argumentationshilfen ein.
Die von den Arbeitsgruppen erarbeiteten Lösungsvorschläge werden zudem in zwei Gruppendelphis mit Expertinnen und Experten vorgestellt und weitergedacht. Im Rahmen von zwei Bürgerräten diskutieren Bürgerinnen und Bürger in unterschiedlichen Regionen Deutschlands diskutieren zudem die Empfehlungen mit Blick auf mögliche Zielkonflikte und Fragen der gesellschaftlichen Akzeptanz. Die Ergebnisse dieser beiden Verfahren werden zur weiteren Diskussion und Weiterentwicklung in die Arbeitsgruppen zurückgespielt. Beide Formate werden mit Dialogik als wissenschaftlichem Partner durchgeführt.
In ergänzenden Deep-Dives werden AG-übergreifende Themen intensiv diskutiert.
Ein Reallabor-Mapping in Form einer digitalen Landkarte wird die in Deutschland vorhandenen Reallabore abbilden und auf dieser Website hier auf der integriert werden. Die Entwicklung läuft aktuell gemeinsam mit der Forschungsgruppe „Reallaborforschung gestalten“ des KITs.
Ergebnisse
Ziel ist es, wirtschaftlich, rechtlich und gesellschaftlich tragfähige Lösungsansätze zu formulieren, die Politik, Verwaltung und Praktikerinnen und Praktikern eine klare Orientierungshilfe bei der Umsetzung bieten. Die Ergebnisse des Projekts werden in verschiedenen Publikationsformaten aufbereitet. Geplant sind Handlungsoptionen und -empfehlungen für die Politik, um den regulatorischen Rahmen auf verschiedenen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) anzupassen. In praxisorientierten Leitfäden werden Best-Practice-Beispiele und konkrete Handlungsanweisungen für Akteure aus der Baubranche und Kommunen zusammengestellt. Alle Publikationen werden auf dieser Website veröffentlicht und zum Download zur Verfügung gestellt.
Zum Abschluss des Projekts ist zudem eine Leitkonferenz geplant. Zu dieser werden neben politischen Vertreterinnen und Vertretern auch Expertinnen und Experten sowie Entscheiderinnen und Entscheider aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft eingeladen. Vor allem die Arbeitsgruppen werden die Ergebnisse von Vernetzung und Synthese anhand der entwickelten Lösungsansätze und verschiedenen Publikationen vorstellen und damit weitere Impulse für den Transfer setzen. Bei der gemeinsamen Diskussion mit den Konferenzteilnehmenden sollen auch Umsetzende und Praktikerinnen und Praktiker aus der Branche involviert sein.
Arbeitsgruppen und Stakeholder-Beirat
AG 1: Baustoffe, Konstruktion und Energie
Die Arbeitsgruppe „Baustoffe, Konstruktion und Energie“ (AG 1) widmet sich technischen Innovationen mit Blick auf einzelne Gebäude. Dabei wird betrachtet, wie Kosten möglicherweise gesenkt werden könnten - beispielsweise durch serielles und modulares Bauen, vermehrten Einsatz digitaler Werkzeuge und zirkuläre Geschäftsmodelle. Besonderer Fokus liegt auf der Überprüfung bestehender Standards im Wohnungsbau sowie darauf, Bauregeln zu vereinfachen – mit dem übergreifenden Ziel, mehr bezahlbaren Wohnraum zu fördern.
AG 2: Stadt- und Quartiersentwicklung
In der AG 2 „Stadt- und Quartiersentwicklung“ stehen Fragen rund um die Erfordernisse und Potenziale einer integrierten Quartiersentwicklung im Fokus. Übergeordnetes Ziel ist es, Innovationen und Instrumente auf Quartiersebene zu diskutieren, die einen Beitrag zu mehr Bezahlbarkeit leisten können, Hürden in der Umsetzung zu identifizieren und mögliche Lösungsansätze zu deren Überwindung zu entwickeln. Dabei sollen insbesondere auch Instrumente diskutiert werden, die die partnerschaftliche Co-Entwicklung, Agilität und Selbstentwicklung von Quartieren stärken und den integrierten Lösungsansatz fördern.
AG 3: Transformation und Umsetzungsstrategien
Welche Lösungsansätze sind am wirksamsten, (wie) umsetzbar beziehungsweise skalierbar? Dieser Frage widmet sich die Arbeitsgruppe 3 „Transformation und Umsetzung“. In enger Zusammenarbeit mit den anderen beiden Arbeitsgruppen ist das Ziel, Impulse für eine erfolgreiche Übertragung von bestehenden und zukünftigen Lösungen in die Praxis zu geben. Geplant ist, anhand ausgewählter Kriterien die entwickelten Lösungsansätze auf ihre Realisierbarkeit, Skalierbarkeit und ihr ökonomisches Potenzial zu prüfen. Dazu werden Akteure und Unternehmen zusammengebracht.
Stakeholder-Beirat
Der Beirat begleitet und kommentiert die Projektarbeit und wirkt als Soundingboard. Zudem waren die Mitglieder zu Projektbeginn in die Eingrenzung der zu bearbeitenden Themenfelder und bei der Auswahl der Arbeitsgruppen-Mitglieder involviert.
Was unterscheidet uns von oder verbindet uns mit anderen Projekten
Es gibt in Deutschland einige Projekte im Kontext Bauen und Wohnen – sei es zu bezahlbarem Wohnen, nachhaltigem Bauen oder rund um Quartiersentwicklung. Diese überschneiden sich thematisch und haben auch Schnittbereiche bei Zielen und Zielgruppen. Die Unterschiede liegen mal in der regionalen Ausrichtung und mal in der Schwerpunktsetzung.
Dennoch liegt der Vorteil mehrerer ähnlich gelagerter Projekte in möglichen Synergien: Ähnliche Handlungsoptionen und -empfehlungen verschiedener Absender stärken das Auftreten gegenüber politischen Entscheidungsträgern und unterstreichen die Bedeutung und Dringlichkeit, bestehende Hürden beseitigen zu müssen. Aus den Ergebnissen regionaler oder lokaler Projekte lassen sich wertvolle Ansätze für die Übertragung oder Skalierung auf andere Städte und Bundesländer schließen und sie geben Potenzial für eine überregionale Diskussion und Umsetzung. Zudem bietet die Vielfalt der Projekte ein breites Spektrum an Impulsen und Instrumenten für verschiedene Zielgruppen.
1 „Bauen und Wohnen in Deutschland 2024“, Pestel-Institut